Gerichtsentscheidungen zum Herkunftsland

 

SYRIEN

 

 

 

 

 

 

FÜNF SYRER RECHTSKRÄFTIG FLÜCHTLINGE                                                                                  27.01.2017, 06:12 UhrBAMF erleidet Schlappe nach Osnabrücker Asyl-Urteil

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hatte vier Syrer als Flüchtlinge anerkannt. Foto: David EbenerDas Verwaltungsgericht Osnabrück hatte vier Syrer als Flüchtlinge anerkannt. Foto: David Ebener

Osnabrück. Fünf Syrer hatten vor dem Verwaltungsgericht auf ihre Anerkennung als Flüchtlinge geklagt – vier mit Erfolg. Nur gegen einen Vater und seinen Sohn wollte das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in die nächste Instanz gehen – und scheiterte.

Das bestätigte Julia Schrader, Sprecherin des Verwaltungsgerichts Osnabrück, auf Nachfrage unserer Redaktion. Vier Verfahren waren nach Ablauf einer Frist rechtskräftig – die betroffenen Syrer sind seither offiziell als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkannt. Und auch der fünfte Fall ist nun rechtskräftig.

Gericht kassierte BAMF-Entscheidung

Hintergrund: Das Verwaltungsgericht hatte am 5. Dezember 2016 eine Entscheidung des BAMF kassiert, wonach es Syrern lediglich subsidiären Schutz gewährt. Fünf Syrern aus seinem Bezirk (Landkreise Grafschaft Bentheim, Emsland, Osnabrück sowie Stadt Osnabrück) gewährte das Osnabrücker Gericht Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention – entgegen der Entscheidung und gängigen Praxis des BAMF (Az. 7 A 35, 36, 129, 169 und 388/16).

Weiterlesen: Verwaltungsgericht Osnabrück kassiert BAMF-Entscheidung

OVG lehnt Antrag ab

Doch nur in einem Fall akzeptierte das BAMF die Entscheidung aus Osnabrück nicht und stellte einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg. Warum nur einer? „Das erklärt sich uns auch nicht und wundert uns auch“, sagt Schrader.

Am Donnerstag lehnte das OVG den Antrag ab, teilte dessen Gerichtssprecherin Andrea Blomenkamp auf Anfrage unserer Redaktion am Freitag mit (AZ 2 LA 19/17). Damit sind nun alle fünf Urteile aus Osnabrück rechtskräftig.

Vater floh aus Syrien

Der fünfte Fall betraf einen Mann, der aus Damaskus geflohen war. Fünf Jahre war der Syrer eigener Angabe zufolge beim syrischen Militär, darunter zwei Jahre als Berufssoldat. Nach seiner Zeit beim Militär habe er ein kleines Geschäft gehabt und neben einer Militärstation gewohnt. In einem nahe gelegenen Waldgebiet seien tagelang Menschen erschossen worden, hatte er berichtet. Fünfzig Leichen habe er entdeckt, wohl von der Regierung ermordet, vermutet der Vater. Danach floh er mit seiner Familie nach Deutschland. Vater und Sohn wurden auf ihrer Flucht von Frau und Tochter in der Türkei getrennt.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück erkannte den Mann aus zwei Gründen als Flüchtlinge an (AZ 7 A 388/16). „Damit wird es für das BAMF schwierig, beide Gründe anzufechten“, sagte Schrader am Donnerstag – und sie sollte recht behalten.

1.: Rückkehrergefährdung

Der erste Grund sei die Rückkehrergefährdung. Die illegale Ausreise aus Syrien sowie sein Antrag auf Asyl in Deutschland führten zu einer „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, in Syrien als Oppositioneller betrachtet zu werden, sagt Schrader. Das könne „Folter oder Verschwinden“ zur Folge haben.

2.: Vorverfolgung

Als zweiten Grund führte die Kammer die Vorverfolgung an. Dieser Grund sei individueller, sagt Schrader. Weil er sich als Reservist entzogen habe, drohe dem Mann bei der Rückkehr eine Strafe. Zudem würde er aufgrund seiner mehrjährigen Militärerfahrung vermutlich als Reservist eingezogen, sagte der Syrer. Daher drohe die Gefahr, beim Militär an menschenrechtswidrigen Aktionen wie Erschießungen teilnehmen zu müssen.

Im Falle des Sohnes entschied das Gericht nicht, da die Klage zuvor zurückgezogen worden war. Doch inzwischen gewährt es auch Minderjährigen die Flüchtlingseigenschaft. Denn das Gericht ist der Ansicht, auch für Minderjährige gelte die Rückkehrergefährdung, sagt Schrader. In Syrien könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch sie zu Militäraktivitäten herangezogen würden.

Gericht bleibt bei seiner Linie

Das Osnabrücker Verwaltungsgericht werde wohl auch künftig klagenden Syrern weiterhin die Flüchtlingseigenschaft zugestehen, sagte Schrader bereits vor der Nachricht aus Lüneburg.

Mit den fünf Urteilen aus Dezember schloss sich das Osnabrücker Gericht vielen anderen Gerichten in Deutschland an, die Syrern ebenfalls Schutz nach der GFK gewährt hatten. Erst am 4. Januar dieses Jahres gestand das Verwaltungsgericht Oldenburg einem Syrer die Flüchtlingseigenschaft zu (Az. 2 A 5738/16).

OVG Schleswig gibt BAMF recht

Am 23. November vergangenen Jahres hatte bundesweit erstmals ein Oberverwaltungsgericht – das OVG Schleswig – die Praxis des BAMF auf lediglich subsidiären Schutz für Syrer bestätigt (Az. 3 LB 17/16). Es erkannte den Grund der Rückkehrergefährdung nicht an.

Kommentar: Kein voller Schutzstatus für Syrer – eine bittere Entscheidung

Wo ist der Unterschied?

Schutz nach der GFK oder nur der niedrigere subsidiäre Schutz? Von dieser Frage hängt für Flüchtlinge in Deutschland viel ab. Anerkannte Flüchtlinge dürfen vorerst drei Jahre im Land bleiben und ihre Familie nachholen. Syrer mit subsidiären Schutz dürfen vorerst nur ein Jahr bleiben, der Familiennachzug wird für mindestens zwei Jahre ausgesetzt.

Weiterlesen: Zahl der Asyl-Klagen in Osnabrück explodiert

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Flüchtlingsanerkennung für Syrer

VG-Freiburg:  Datum: 23.12.2016

 Syrern, die illegal aus Syrien ausgereist sind und sich längere Zeit im westlichen Ausland aufgehalten und dort einen Asylantrag gestellt haben, droht, selbst wenn sie vor ihrer Ausreise nicht individuell verfolgt waren, im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige Verfolgung durch den syrischen Staat in Form von Inhaftierung, Verhör unter Folter und Verschwindenlassen, die an ihre unterstellte illoyale, oppositionelle Gesinnung anknüpft bzw. der Aufklärung eines solchen Verdachts dient.

Mit dieser Begründung hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg der Klage einer unverfolgt ausgereisten alleinstehenden Syrerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stattgegeben (Urteil vom 13.12.2016 - A 5 K 2096/16 ).

Bitte hier das gesamte Urteil nachlesen:  ... Klick mich

 

Ta t b e s t a n d :

Der Kläger wurde nach dem im Asylverfahren vorgelegten syrischen Personalausweis

am 8. Januar 1978 in Abujaradah, Syrien, geboren. Er ist kurdischer Volkszugehörigkeit

und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Am 31. Juli 2014 beantragte der Kläger seine

Anerkennung als Asylberechtigter in der Bundesrepublik Deutschland.

Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer

Flüchtlinge am 31. Juli 2014 erklärte der Kläger, er habe sein Herkunftsland am

9. Oktober 2013 verlassen und sei auf dem Landweg über die Türkei und Bulgarien in

die Bundesrepublik Deutschland eingereist. In der Türkei habe er sich knapp zwei Mo-

nate, in Bulgarien sechs Monate aufgehalten. In Bulgarien habe er Asyl beantragt und

auch zuerkannt bekommen.

In Syrien lebten seine Eltern, sechs Brüder, zwei Schwestern sowie Onkel und Tanten.

Er habe sechs Jahre lang die Schule besucht und dann das Handwerk des Malers und

Lackierers gelernt. In diesem Beruf habe er 15 Jahre gearbeitet. Wehrdienst habe er

nicht geleistet.

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  • Das Verwaltungsgericht Würzburg hat durch Urteil vom 20.10.2016, Az.: W 2 K 16.31384

den Bescheid des Bundesamtes bzgl. der Ablehnung der Flüchtlingsanerkennung aufgehoben

und das Bundesamt verpflichtet, den Syrer als Flüchtling anzuerkennen.

 

Das Gericht geht davon aus, dass der syrische Staat auch gegenwärtig das Stellen eines Asylantrag

in Verbindung mit einem entsprechenden Aufenthalt im westlichen Ausland als Ausdruck einer regimkritischen Gesinnung sieht und zum Anknüpfungspunkt für Festnahme und Folter nimmt.

 

Dündar Kelloglu - Rechtsanwälte - Kelloglu und Rauls-Ndiaye, Goseriede 5, 30159 Hannover

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